#RetterWissen
Zum International Overdose Awareness Day haben wir für Euch die Kernelemente der „2023 American Heart Association Focused Update on the Management of Patients With Cardiac Arrest or Life-Threatening Toxicity Due to Poisoning – An Update to the American Heart Association Guidelines for Cardiopulmonary Resuscitation and Emergency Cardiovascular Care“ in deutscher Sprache zusammengefasst.
Der Artikel bietet eine umfassende Aktualisierung der AHA-Leitlinien zum Management von Patienten mit Herzstillstand oder lebensbedrohlicher Toxizität durch Vergiftung, speziell für Situationen wie Medikamentenüberdosierung, Chemikalienexposition und toxische Schocks[1].
Kernaussagen der Leitlinien
- Die Behandlung von Herzstillstand und schwerer Vergiftung erfordert oft spezielle Maßnahmen wie Antidote und extrakorporale Kreislaufunterstützung (VA-ECMO) zusätzlich zu Basis- und erweiterten Wiederbelebungsmaßnahmen[1].
- Bei vermutetem Vergiftungsnotfall wird eine rasche Konsultation von Giftzentren oder Toxikologen empfohlen, um die Therapie zu optimieren[1].
- Opioid-Überdosierung ist weiterhin die häufigste Ursache für vergiftungsbedingten Herzstillstand in Nordamerika. Naloxon kann durch Umkehr der Atemdepression lebensrettend sein[1].
- Hochdosierte Insulin-Therapie ist frühzeitig angezeigt bei lebensbedrohlichen β-Blocker- und Calciumkanalblocker-Vergiftungen[1].
- Für Patienten mit schwerwiegenden Herzrhythmusstörungen durch Kokain oder andere Natriumkanalblocker wird die zusätzliche Gabe von Natriumhydrogencarbonat empfohlen[1].
- Bei Verdacht auf Cyanidvergiftung sollte nicht auf Testergebnisse gewartet, sondern umgehend mit Hydroxocobalamin (Vitamin B12a) oder Natriumnitrit plus Natriumthiosulfat behandelt werden[1].
- Lebensgefährliche Herzrhythmusstörungen durch Digoxin können durch digoxin-spezifische Antikörperfragmente (Fab) effektiv behandelt werden[1].
- Intravenöse Lipidemulsion (ILE) ist besonders wirksam bei Vergiftung mit lokalen Anästhetika, vor allem Bupivacain[1].
- Schwere Agitation bei sympathomimetischer Vergiftung erfordert Sedierung, um Komplikationen wie Hyperthermie und Azidose vorzubeugen[1].
- Flumazenil kann bei Benzodiazepin-Vergiftung eingesetzt werden, birgt aber erhebliche Risiken (insbesondere Krampfanfälle) und ist daher nur eingeschränkt empfehlenswert[1].
- Die frühzeitige Einleitung von VA-ECMO kann für Patienten mit therapierefraktärem kardiogenem Schock oder Herzrhythmusstörungen lebensrettend sein[1].
Empfehlungen für spezifische Giftstoffe
Opioide
- Naloxon als Antidot für Atemdepression, Fokus aber weiterhin auf klassische Wiederbelebungsmaßnahmen[1].
β-Blocker und Calciumkanalblocker
- Hochdosiertes Insulin zur Verbesserung der Herzleistung, zusätzlich Vasopressoren, Glucagon und gegebenenfalls VA-ECMO[1].
Benzodiazepine
- Flumazenil nur bei reiner Benzodiazepinvergiftung ohne Kontraindikationen, ansonsten primär supportive Maßnahmen und ggf. Naloxon bei Mischintoxikation[1].
Lokalanästhetika
- Lipidemulsionstherapie frühzeitig anwenden, dazu ggf. Benzodiazepine bei Krampfanfällen, Natriumbicarbonat bei Herzrhythmusstörungen[1].
Organophosphate und Carbamate
- Atropin und Benzodiazepine, frühzeitige Intubation, Hautdekontamination und gegebenenfalls Pralidoxim[1].
Cyanid
- Sofortige Behandlung mit Hydroxocobalamin oder Natriumnitrit plus Natriumthiosulfat, keine Therapie verzögern[1].
Sympathomimetika und Kokain
- Sedierung bei starker Agitation, rasche externe Kühlung bei Hyperthermie, Vasodilatatoren bei koronarer Vasospasmus[1].
Natriumkanalblocker (z.B. TCA)
- Natriumbicarbonat als erste Wahl bei lebensbedrohlicher Herzrhythmusstörung, Lidocain und Lipidemulsion als Zusatzoptionen[1].
Wichtige Zusatzinformationen
- Die Leitlinien heben hervor, dass viele Empfehlungen auf Expertenmeinung oder begrenzte Studiendaten beruhen[1].
- Giftzentren und Toxikologen sollten früh hinzugezogen werden[1].
- Die Rolle von VA-ECMO wird betont, insbesondere als Überbrückung bis zur Elimination des Gifts[1].
- Separate Tabellen zu empfohlenen Antidoten und Dosierungen sowie organisatorische Hinweise (z.B. persönlicher Schutz bei Gefahrstoffen) sind enthalten[1].
- Ein Mangel an hochqualitativer Evidenz wird deutlich erläutert, viele Bereiche sind noch nicht ausreichend erforscht[1].
Diese Leitlinien sind insbesondere für Akutmediziner, Notärzte und Intensivmediziner gedacht und sollen helfen, im Fall schwerer Vergiftungen rasch und zielgerichtet zu handeln[1].
Quellen
[1] lavonas-et-al-2023-american-heart-association-focused-update-on-the-management-of-patients-with-.pdf https://ppl-ai-file-upload.s3.amazonaws.com/web/direct-files/attachments/70676440/da74c753-ef88-49b9-9e41-6a0c9c8c7340/lavonas-et-al-2023-american-heart-association-focused-update-on-the-management-of-patients-with-cardiac-arrest-or-life.pdf